Ich nähere mich dem Gebäude der ehemaligen Synagoge. Früher konnte man hier Ringen, Kraftsport, Boxen und Basketball trainieren. Außerdem gab es ein Trampolin. Jetzt ist die Synagoge dunkel und leblos, aber ich erinnere mich genau, dass es dort ein Trampolin gab. Ich flog dort durch die Luft und blieb in einer lichten Wolke unter der Kuppel hängen.
Die Trampolinhalle war immer von Sonnenlicht durchflutet, nirgends wollte man so sehr springen, sich überschlagen und lachen. Damals wusste ich nicht, dass das Gebäude früher eine Synagoge gewesen war, sonst hätte ich mich dort nicht so gedankenlos ausgetobt. Als Kind empfand ich bei dem Wort »Jude« immer eine ausweglose Beklemmung. Es ließ mich sofort an Leiden und Tod denken. Und ich hatte furchtbare, panische Angst vor dem Tod und davor, an den Tod erinnert zu werden.
Ich komme am Naturkundemuseum vorbei, in dem sich lauter ausgestopfte Tiere befinden, die einmal auf der Erde gelebt haben. Vor dem Museum stehen graue Idole aus Stein, skythisch oder von anderen Stämmen. […] Langsam gehe ich die Stufen hinab, die unter die Erde führen. Als nur noch mein Kopf herausschaut, blicke ich mich um. Es ist bereits Nacht, die Stadt ist unsichtbar, nur eine schwarzweiße Monade ist durch das verschmierte Glas an einem Laternenpfahl zu erkennen. Darauf in großen Lettern: RUSSISCHE YOGA-SCHULE
Diese Anzeigen hängen in der ganzen Stadt. Obwohl ich ständig darauf stoße, habe ich nie verstanden, was sie bedeuten. Erst jetzt, in der Metro-Unterführung, wird mir plötzlich bewusst, dass dies der Titel meiner Geschichte ist.
Mit einem kalten Ziehen in der Magengrube kehrt das Gefühl der eigenen Abwesenheit zurück.
Übersetzung aus dem Russischen: David Drevs
Auszug aus: Russische Yoga-Schule