UKRAINISCH-DEUTSCHES SCHRIFTSTELLER:INNENTREFFEN IN USCHHOROD / ZAKARPATTIA
EINE BRÜCKE AUS PAPIER steht für den Austausch zwischen ukrainischen und deutschen Schriftsteller:innen, Künstler:innen und Kreativen. Das Projekt entstand 2013/14, als der ukrainische Euromaidan ein kämpferisches Bekenntnis zu Europa und zur Unabhängigkeit ablegte und dem Land 2014 mit der Annexion der Krym durch Russland und dem Separatistenkrieg im Donbas eine blutige Bedrohung mit vielen Opfern widerfuhr. Schon damals zeigte sich, wie wenig über dieses große und vielfältige Land im Osten Europas westlich davon bekannt ist. In diesem Bewusstsein organisierte sich „Eine Brücke aus Papier“ gemeinsam mit deutschen und ukrainischen Schriftsteller:innen und Intellektuellen zu jährlichen Treffen. In ukrainischen Städten wie Lwiw, Dnipro, Charkiw, Kyjiw, Mariupol, Iwano-Frankiwsk traf sich die Gruppe der Beteiligten zu Lesungen, Vorträgen, Kunstaktionen und Exkursionen. Dadurch entstand ein lebendiges Netzwerk, das sich seit dem 24. Februar 2022, dem Tag des erweiterten russischen Angriffs gegen die Ukraine und gegen die schwer errungenen Werte Europas, besonders bewährt.
Mit seinem ukrainisch-deutschen Schriftsteller:innentreffen kehrt „Eine Brücke aus Papier“ in diesem Jahr, trotz oder wegen des anhaltenden Krieges gegen das Land, in die Ukraine zurück. In Uschhorod/Transkarpatien werden sich Schriftsteller:innen, Geisteswissenschaftler und Kulturakteure aus der Ukraine und aus Deutschland drei Tage lang zu Lesungen, Vorträgen und Exkursionen treffen und austauschen.
Uschhorod, im Dreiländereck zwischen Slowakei und Ungarn liegend, multiethnisch mit Minderheitensprachen, war in Deutschland bislang wenig bekannt. Selbst für die Ukraine befand sich die Stadt aufgrund ihrer Lage südlich der Karpaten in einer Art Wahrnehmungsabseits. Erst als Uschhorod nach Beginn der russischen Invasion Zuflucht für zahllose Binnengeflüchtete aus der östlichen Ukraine bot, erhielt es einen neuen Bekanntheitsgrad.
Während 2022 beim Treffen von Weimar – in das wir auf Einladung der Herzogin Anna Amalia Bibliothek kriegsbedingt ausgewichen sind – vor allem ukrainische, nach Deutschland geflüchtete Schriftsteller:innen vorgestellt wurden, lädt „Eine Brücke aus Papier“ nach Uschhorod ukrainische Schriftsteller im wehrfähigen Alter ein, die das Land nicht verlassen dürfen, gemeinsam mit Schriftsteller:innen, die in der Ukraine geblieben sind. Dazu gehören auch solche, die aus Butscha und Mariupol nach Uschhorod oder in andere westliche Regionen geflüchtet sind.
Besondere Aufmerksamkeit wird den gastgebenden Schriftsteller:innen aus Uschhorod zuteil. Im Kriegsdienst stehende Schriftsteller, sollten sie keine Sondererlaubnis zum Verlassen der Kriegszone bekommen, werden mit ihren Texten anwesend sein. Alle beteiligten Literat:innen präsentieren zumeist neue Gedichte, Prosa und Drama. Es sind Werke, die sich immer wieder mit dem Krieg und seinen Auswirkungen beschäftigen. Das Treffen der „Brücke aus Papier" wird mit einem Totengedenken beginnen.
Alle Veranstaltungen sind öffentlich und werden simultan gedolmetscht. Erstmals laden wir zu gleich zwei Langen Lesenächten ein. Nach dem Treffen werden die Texte von Uschhorod zweisprachig auf paperbridge.de unter Lektüre/Тексти nachzulesen sein.
„Eine Brücke aus Papier“ wünscht sich, dass das Treffen von Uschhorod, dem Krieg zum Trotz, wieder ein Fest der Literatur, der Sprachen und eine Ermutigung für die Stadt und alle Beteiligten ist.
Deutschland
Marcel Beyer aus Dresden
Thomas Lang aus München
Dagmar Leupold aus München
Kerstin Preiwuß aus Leipzig
Ulrike Almut Sandig aus Berlin
Ukraine
Juri Andruchowytsch aus Iwano-Frankiwsk
Juri Durkot aus Lwiw
Oleksandr Hawrosch aus Uschhorod
Oleh Kozarew aus Butscha, Uschhorod
Andrij Ljubka aus Uschhorod
Marjana Prochasko aus Uschhorod
Bandy Scholtes aus Uschhorod
Grigory Sementschuk aus Lwiw
Julia Stachiwska aus Butscha, Uschhorod
Oksana Stomina aus Mariupol, zurzeit Kyjiw
an der front
Bogdan Kolomijtschuk, z. Zt. Kyjiw
Artem Tschapaj (Lesung seines Textes, sollte er nicht anreisen können)
Artem Tschech (Lesung seines Textes, sollte er nicht anreisen können)
Geisteswissenschaftler:innen
Alexander Kratochvil aus München/Berlin
Pavlo Leno aus Uschhorod
Jurko Prochasko aus Lwiw
Totengedenken
Victoria Amelina (1986–2023) Lesungen aus dem Werk der durch Raketeneinschlag in Kramatorsk getöteten Schriftstellerin (mit Juri Durkot u.a.)
Nazar Hontschar (1964–2009) Würdigung des Dichters aus Lwiw, der in Uschhorod den Tod fand (mit Andrij Ljubka und Chrystyna Nazarkewytsch).
Künstlerische Leitung
Verena Nolte, München
BERATUNG IN DER UKRAINE
Natalija Schymon, Uschhorod
Organisation und Finanzen
Anita und Anton Fellner, München
Projektbetreuung
Marit Borcherding, München
Iryna Rybko, Lwiw
Natalija Schymon, Uschhorod
Filmdokumentation
Wanja Nolte, Regie und Kamera, München
Jura Hotra, Kamera, Uschhorod
Fotografie
Mila Pavan, München
Moderation
Chrystyna Nazarkewytsch
Verena Nolte
Jurko Prochasko
Alexander Kratochvil
Dolmetscher:innen
Simultan:
Halyna Kotowski, Lwiw
Viktoria Sliusarenko, Lwiw
Konsekutiv:
Natalya Kulabucha, Dnipro
Übersetzer:Innen
Deutsch-Ukrainisch
Juri Durkot
Natalya Kulabucha
Vasyl Lozynskyi
Chrystyna Nazarkewytsch
Ludmyla Nor
Halyna Petrosanyak
Jurko Prochasko
Natalija Schymon
Ukrainisch–Deutsch
Annegret Becker
Irina Bondas
Claudia Dathe
Juri Durkot
Margarita Grinko
Beatrix Kersten
Alexander Kratochvil
Lydia Nagel
Chrystyna Nazarkewytsch
Ulrike Almut Sandig
Sabine Stöhr
Maria Weissenböck
Russisch–Deutsch
David Drevs
und weitere
Ilko Galerie
Koshyts'ka St, 28, Uschhorod
LANGE LESENACHT II AM 29.09.2023:
Transkarpatisches Akademisches Puppentheater Bavka
Teatralna Pl. 8, Uschhorod
Das Treffen ist öffentlich.
Es wird simultan gedolmetscht.
Der Eintritt ist frei.
10.00–13.00 Uhr
ILKO GALERIE
Vorstellung der Schriftstellerinnen und Schriftsteller in Lesungen und Gespräch
10.00 Uhr
Verena Nolte
Begrüßung und Einführung
10.10–10.45 Uhr
TOTENGEDENKEN
Victoria Amelina (1986-2023)
Lesung aus dem Werk der durch Raketeneinschlag in Kramatorsk getöteten Schriftstellerin.
Mit Juri Durkot, Chrystyna Nazarkewytsch, Kerstin Preiwuß, Oksana Stomina.
Nazar Hontschar (1964–2009)
Würdigung des Dichters aus Lwiw, der in Uschhorod jung den Tod fand.
Mit Oleksandr Hawrosch, Andrij Ljubka,
Chrystyna Nazarkewytsch.
10.45–13.00 Uhr
Leseperformance
Oksana Stomina
„Mariupol. Tagebuch einer Überlebenden“
Marcel Beyer
„Die tonlosen Stimmen beim Anblick der Toten auf den Straßen von Butscha“
Oleh Kozarew
„Februarfliege“ – Gedichte
Bandy Scholtes
„Erinnerungsfotos“
Juri Andruchowytsch
„Versklavter Wahnsinn“
Kerstin Preiwuß
„Heute ist mitten in der Nacht“
Dagmar Leupold
„Dagegen die Elefanten!“
Grigory Sementschuk
Gedichte
Oleksandr Hawrosch
„Das Wunder von Mukatschewo“
15.00–18.00 Uhr
Exkursion
in Uschhorod (nur Teilnehmende)
mit Pavlo Chudisch
10.00–13.00 Uhr
ILKO GALERIE
Vorstellung der Schriftstellerinnen und Schriftsteller in Lesungen und Gespräch
VORTRAG
Jurko Prochasko
„Vorwürfe und Vorbehalte“
Ulrike Almut Sandig
„Monster wie wir“
Juri Durkot
Aus dem Kriegstagebuch in Die Welt
Marjana Prochasko
Gedichte aus dem Band
„Primitivo“ 2023
Thomas Lang
„Bodenlos“
Kerstin Preiwuß
„Taupunkt“ – Gedichte
Andrij Ljubka
„Todeslisten“
Julia Stachiwska
Gedichte
Bogdan Kolomijtschuk
„300 Meilen nach Osten“
15.00–17.00 Uhr
Vortrag
Alexander Kratochvil
„Die Aneignung Transkarpatiens in der tschechischen Literatur der Zwischenkriegszeit 1919-1939“
19.30–21.30 Uhr
Ilko Galerie
LANGE LESENACHT I
Aus der Kriegszone
Artem Tschech
„Nullpunkt“ – Prosa
Lesung des Textes in Abwesenheit des Schriftstellers
Es liest: Grigory Sementschuk
Übersetzung: Alexander Kratochvil und Maria Weissenböck
Artem Tschapaj
„The Ukraine“
Lesung des Textes in Abwesenheit des Schriftstellers
Es liest: Bogdan Kolomijtschuk
Übersetzung: Claudia Dathe
Juri Durkot
Aus dem Kriegstagebuch in Die Welt
Übersetzung ins Ukrainische: Halyna Petrosanyak
Bogdan Kolomijtschuk
Aus „300 Meilen nach Osten“ – Prosa
Übersetzung: Alexander Kratochvil
Oleh Kozarew
„Flugzeug oder Hubschrauber“ – Gedichte
Übersetzung: Beatrix Kersten
Dagmar Leupold
„Small Talk“ – Gedichte
Übersetzung: Chrystyna Nazarkewytsch
Bandy Scholtes
„Säcke“ - Prosa
Übersetzung: Alexander Kratochvil
Grigory Sementschuk
„die Welt steigt aus dem Verstand“ - Gedichte
Übersetzung: Ulrike Almut Sandig
10.00–13.00 Uhr
Ilko Galerie
VORTRAG
Pavlo Leno
„Huzule-Sein: Von der Konstruktion einer Subethnie zur Marke“
Resümee des Treffens, Planung 2024
15.00–17.00 Uhr
Exkursion
(nur Teilnehmende)
Lina Dehtjarowa aus dem Projekt „Uzhhorod Modernism“
19.30–21.30 Uhr
Transkarpatisches AKADEMISCHES PUPPENTHEATER BAVKA
LANGE LESENACHT II
Juri Andruchowytsch
„Radionacht“ – Prosa
Übersetzung: Sabine Stöhr
Ulrike Almut Sandig
„Leuchtende Schafe“ - Gedichte
Übersetzung: Natalya Kulabucha
Oleksandr Hawrosch
„Allee der Seufzer“ – Prosa
Übersetzung: Lydia Nagel
Julia Stachiwska
„Ars Poetica“ – Gedichte
Übersetzung: Irina Bondas
Thomas Lang
„Abgekocht“ – Prosa
Übersetzung: Juri Durkot
Marcel Beyer
„Die tonlosen Stimmen beim Anblick der Toten auf den Straßen von Butscha“ - Prosa
Übersetzung: Ludmyla Nor
Oksana Stomina
„Vor dem Morgengrauen“ – Gedichte
Übersetzung: Margarita Grinko
Förderung
Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland
Reinhard Gorenflos
Kooperation
Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung Darmstadt
Uschhorod Nationale Universität – Lehrstuhl für Archäologie, Ethnologie und Kulturwissenschaft
ICES, The Institute for Central European Strategy, Uschhorod
Medienpartner
Radio Suspilne Uschhorod
Radio Yeden Uschhorod
Varosh