Kaskade der Arbeit I + II

Daniela Danz
aus: Wildniß. Gedichte, Wallstein Verlag, Göttingen 2020

Kaskade der Arbeit I

was
wir
noch
sagen
wollten
hat nichts mehr zu sagen nichts spricht zu uns wenn wir
aus dem Konverter ins Licht treten morgens nach der Schicht
alles nach Roheisen riecht nach der Hitze in der wir unsere Tage
am Hochofen produzieren unser Leben als Halbzeug verladen
was
wir
noch
sagen
wollten
ist schon gesagt: entweder gehörst du zu uns oder nicht und wie
willst du reden als einer von uns wenn dus nicht bist das Leiden
der Heiligen geht uns nichts an und das Lachen der Helden ist
auch nur was keine Schicht überdauert und im Siphon gurgelt
was
wir
noch
sagen
wollten
und worüber wir nachzudenken versuchen wenn wir die
schönen Bilder sehen von Palmen und Bouillabaisse und
Orten an denen wir nicht sind – es fällt uns nicht ein was
die uns bedeuten auch wenn sie gewiss etwas bedeuten und wir
gewiss
noch
etwas
sagen
wollten

Kaskade der Arbeit II

was
wir
weiß
waren
bevor der Dreck uns verklebte von innen
abdichtete dass das Glück nicht mehr eindringen
konnte das Glück das uns klein vorkam angesichts
der
Wucht
der
Maschinen
der Wucht der Arbeit die wir gemeinsam schafften
auf den Magistralen unserer Kollektivität den Magistralen
die wir unsere Zärtlichkeit hinauf jagten in die
Hochöfen
unserer
Freude
hinein:
wo sie saß ganz oben saß sie auf den Gipfeln
der Arbeit mit der wir die Tage einzeln erschufen –
fabrikmäßig stählerne Tage in Form
gegossen
gewalzt
geschnitten
verkauft