Tödin

Kerstin Preiwuß

Das ist worüber niemand spricht, nur weiß
wie’s Gräben schlägt in sich um alles und das heißt beschütze mich
und vielleicht springt etwas über wo die Atmung sitzt
nur raus damit du weißt doch auch alleine denken reicht noch nicht
ganz wie die Adern das erstaunt in sich verkehren und jetzt ihren Rückstrom spüren
und wie es trismegistisch kreist und murmelt dabei immer nur am Leben sein
ergibt doch keinen Sinn nicht mal ne Fließgeschwindigkeit.

*

Wohin dann mit der Punktgenauigkeit?

*

Da kommt die Tödin.
Die Listenmacherin setzt ihren Strich.
Die hat dich du sie nicht.
Die Flohmagd macht noch einen Witz.
Und denkt sich nichts.
Dabei flöht sie dich.
Immer steht ihr Mund auf zu.
Sie versteht kein Gewimmer.
Die Tödin setzt sich neben dich zählt lautlos ihre Kinder.

*

Sie reist auf einem Windhund an.
Das ist ihr Verfahren.
Der Windhund läuft so schnell dass man sie kaum erkennen kann.
Ihr Gastgeschenk ein Obelisk.
Ein Monolith.
Ein Opferschiss.
Die Dame von weither kommt an
und treibt aus ihren Kindern ein Versprechen.

*

Wir kamen aus den Wärmen.
Die älteste Frau heißt Emma.
Sie hält immer andere im Arm.
Wir können ihr den Brustkorb dehnen.
Wir wollen ihren Brustkorb sehen ihn umstellen.
Wir wollen durch die Halle gehen und sie mit Schilf bestallen.

*

Das wächst dann.
Das wispert wir sind nicht einsam wir sind ein Rocksaum.
Das wispert wir sind auch da zum Teeren und Federn.
Wir sind auch Dächer und wir sind entflammbar.
Wir sind ganz da.
Und auch die halben Brennnesseln mit ihrem Niedrigwuchs
die Bodendecker gehören dazu
wir sind brennbar wir schneiden Gesichter ins Flussgewitter.

*

Rede, Schilf, Rede.
Fang an.
Fang beim A an.
Fang beim Zahn an.
Fang beim Fangzahn an.
Was hängt daran.
Was gräbt denn da.
Was wirft die Schippe um.
Die Schippe schippt
schiebt Erde nach
Die Schippe schippt ins Zittergras
ihr Zittergrab.

*

Dann wird es das hier nicht mehr geben
echoen die Grillen.
Nicht mal mehr ein drüber Reden
echoen die Grillen.
Und auch die schönen Bilder
in denen wir uns erkennen.
So wie wir uns am liebsten sehen.
Von oben mit Kerzen in den Fenstern.
Imstande Zeichen zu setzen.
Sie werden verschwinden
echoen die Grillen.
Wie wenn Kinder das erste Mal Schnee berühren.
Und die Sorge um die Kinder wird verschwinden auch sie
echoen die Grillen.
Und die Angst vor der Zukunft auch sie
echoen die Grillen
bevor sie die Flügel engstellen.

*

Hör auf zu echoen.
hör auf den Laut.
Hör auf sein Echo.
Hör erst beim Echo auf.
Das ist nicht was wir haben um uns alles zu sagen.
Das wandert doch nur endlos durch den Mund.
Hör auf zu klagen.
Wir können uns nicht teilen.
Wir müssen dafür Schilf zerschneiden.
Manche sagen sie können sich erfinden
sich das Schilf von den Dächern zu Röcken binden
und teilweise Showgirls sein.
Vom Standpunkt der Lüge ist das die Wahrheit.
Zwei Ereignisse kommen glücklich zusammen
erzählen von einer dicken Sperlingszunge.
Das bisschen Fell und ein paar Knochen
bevor sich die Wipfel der Bäume schließen.

*

Nichts los im Schilfkleid.
Im nicht angezogen und nicht nackt Weiß.
Solange wie man weiß wie’s heißt ist alles gut.
Ein Glas Ich kennt nur sich und friert dabei
und traut sich klar, nicht weit in das Geschehen.
Unberührbar, Exponat auf Zeit.
Vielleicht erstmal den Unterschlupf siezen.

*

Die dicke Vogelzunge die man kaufen kann sagt immer:
Zuerst die anderen.
Du noch nicht.
Du bist noch nicht dran.
Denk dir einen der schon mal ordentlich gelitten hat.
Vergiss ihn dann ist es nicht so schlimm.
Hauptsache die Zähne halten.
Bis dahin kannst du mich ruhig nach dem Weg fragen.
Das stellt Abstand her.

*

Ich bin das Pragma so leid.
Das erste Feld gelb.
Das nächste verdorrt.
Vom Standpunkt der Wahrheit ist das eine Lüge.
Möglich, der Fehler unterbricht sich gar nicht
läutet nur immer den Anfang ein.
Man ist erst allmählich bereit für die Mühle.
Die läuft schon lange insgeheim.

*

Hör mal, die Grillen.
Hör auf nichts anderes mehr.
Schön, diese Grillen.
Die Schmerzzikaden.
Wie sie verschleißen.
Eudämonische Tiere.
Wie sie singen.
Wie sie reißen.
Leben heißt liegen auf einem blinden Fleck
von dem aus man alles ganz deutlich sieht.
Ich lasse immer einen Herzschlag aus.
Der ist für dich.
Natürlich pumpt sich da was auf
sagt gutes Kind vertrau mir mal.
Du liebe Speikobra ich bin schon blind.

*

Aber die Tödin beschnuppert mich voller Liebe.
Aber die Liebe buckelt sich.
Die Liebe duckt sich.
Die alte Kupplerin kennt mich nicht.
Ließe ich sie sprängen ihr die Hunde in den Schoß zurück.
Übersieht sie mich oder ist sie bloß liederlich?
Spürt sie denn nicht den Verzicht?

*

Mitleidlos trifft
kein Trost mich
entblößt sich’s
Tödinnengesicht.
*

Das noch, das eine
unaufhörliche stille atemlos machende Grün ansehen.
Das macht die Welt von ganz allein.
Schön, es gibt kein Schilf.
Es gibt kein Schilf.