FESTIVAL
Europäisches Kunst- und Kulturfestival im Südwesten Frankreichs
Auf Einladung der Festivalkuratorinnen Serafine Lindemann (D) und Elke Jeanrond-Premauer (F) wird Verena Nolte, Gründerin und Leiterin der ukrainisch-deutschen Initiative „Eine Brücke aus Papier“, das Projekt einem französischen Publikum und den teilnehmenden Künstler:innen vorstellen.
Unser Beitrag zum Europäischen Kunst- und Kulturfestival „Terre et Temps“
Am dritten Tag des viertägigen in die gesamte Region ausstrahlenden Festivals - hier einige Impressionen - stellte ich mit Filmauszügen, Fotos und im Gespräch mit Jean-Marc Terrasse unser Projekt Eine Brücke aus Papier im Kino Le Saleys in Salies de Béarn vor. Das Kino war bestens ausgestattet, der Technikabgleich war dank der versierten Programmleiterin Célia Olivié auch erfolgreich, so dass wir das vorbereitete Dokument mit zwei Filmauszügen und Fotos am 21. September unkompliziert auf die Leinwand brachten.
Mit Célia Olivié nach der Technikprobe im Kino am 18. September, Foto: @ Andrea Schölemann
Jean-Marc Terrasse vor erwartungsfrohem Publikum im Kinosaal,
Foto: © Martin Richartz
„Into the Darkness“, 2022
Beginnend mit der Vorstellung der ukrainischen Dokumentarfilmerin Mariia Shevchenko, die aus Kyjiw leider nicht anreisen konnte, und ihrem Film „Into the Darkness“, gedreht 2022 zusammen mit dem Kameramann Sashko Brama in Charkiw. Auch an die der Stadt vorgelagerten russisch-ukrainischen Front führten sie ihre Dreharbeiten. Mariia Shevchenko wollte filmend und mit eigener Stimme kommentierend erfahren, wie das Weiterleben im Angriffskrieg möglich ist, auch für sie als Filmemacherin. Es war ein bildgewaltiger Einstieg, der sofort tief in eine Stadt im Krieg hineinführte und das Publikum hier, im äußersten Südwesten Frankreichs, untrüglich in die Ukraine brachte.
Mariia Shevchenko bei den Dreharbeiten zu „Into the Darkness“ 2022 in Charkiw.
Foto: © Vladyslav Krasnoshchok, Charkiw
Beginn der Präsentation, Foto: © Martin Richartz
Der gewählte Ausschnitt aus „Into the Darkness“ zeigte Szenen von den um eine neue Normalität kämpfenden Überlebenden eines teilweise zerstörten Wohnviertels, von einem Vater, der auf der Straße kniend, sein von einem Geschoss beim Fußballspielen getötetes Kind betrauert. Aber auch zwischen all dem folgte die Kamera, fast wie zur Ermutigung, dem Charkiwer Künstler Hamlet, der uns 2017 entlang seiner Bilder im öffentlichen Raum durch die Stadt geführt hatte. In Shevchenkos Film ist er zu sehen, wie er den Zerstörungen zum Trotz weiter mit Leiter und Malwerkzeug auszieht, um neue Bildträger in seiner so veränderten Stadt zu finden.
Stadtführung mit Hamlet (rechts im Bild) für „Eine Brücke aus Papier“ in Charkiw 2017, Foto: © Oleksiy Makovetsky
„Nachtzug nach Mariupol“ 2018
Das Dokument zeigt ein Still aus dem Dokumentarfilm „Nachtzug nach Mariupol“, den Wanja Nolte 2018 bei „Eine Brücke aus Papier“ in Mariupol drehte. Aus dem Zug heraus filmte er Mariupols Stahlwerke im Morgenlicht, die 2022 von den russischen Invasoren gänzlich zerstört wurden. Der Film ist heute auf traurige Weise historisch geworden. Die Stadt und ihre Besonderheiten, wie wir sie 2018 antrafen, gibt es so heute nicht mehr. Auch das Hotel am Asowschen Meer, in dem wir wohnte, wurde dem Erdboden gleichgemacht. Wie es der Bevölkerung Mariupols erging wissen wir aus erschütternder Berichterstattung.
Filmstill aus „Nachtzug nach Mariupol“ von Wanja Nolte, teilnehmende Autor:innen mit dem Hafen im Hintergrund
Über Ukrainische Schriftsteller:innen
Anhand von Fotos der „Eine Brücke aus Papier“-Treffen 2017 und 2018 wurden im Gespräch mit Jean-Marc Terrasse die Schriftsteller:innen Juri Andruchowytsch, Sofia Andruchowytsch, Serhij Zhadan, Oksana Sabuschko und Ljuba Jakymtschuk vorgestellt und die Unterschiede in den Übersetzungen, aber auch deren geringere Zahl auf dem französischen Buchmarkt diskutiert. Mit meinem Gesprächspartner, der sich als Kenner der ukrainischen Geschichte und Gegenwart erwies, gelang uns eine Einführung in die Literatur und Kultur dieses an ihr so reichen Landes.
Im Gespräch mit Jean- Marc Terrasse. Foto: © Martin Richartz
Das Treffen 2017 in Charkiw, Fotos: © Oleksiy Makovetsky
Sofia Andruchowytsch beim Treffen 2018 in Mariupol. Filmstill: @ Wanja Nolte
Im Kino-Foyer hatte die Buchhandlung „Le Moment Librairie“ neben unseren Programmheften einen Büchertisch vorbereitet. Dort wurde noch lebhaft diskutiert. Eine mit ihrer Lehrerin aus Freiburg zum Festival angereiste Schüler:innengruppe bat mich noch um ein Interview. Die Bilder aus der Ukraine und meine Ausführungen hätten sie sehr aufgewühlt.
Interview vor dem Kino Le Saleys, Foto: © Andrea Schölemann
Mit Jean-Marc Terrasse ...
nach einem gelungenen französisch-deutschen Austausch vor dem Kino
Foto: © Martin Richartz
Verena Nolte, München, 7. Oktober 2024